Cross-Skating gehört zu den relativ leicht erlernbaren Sportarten. Das bedeutet nicht, dass die uns spezielle Bewegungen dieser Sportart in die Wiege gelegt wurden. Wer experimentierfreudig oder mutig ist tut … [Weiter lesen...] about Cross-Skating bei „Null“ anfangen
Skike V07 Plus – neu oder retro? Teil 2
Fortsetzung von Teil 1
Die „Gummifußmatte“ auf der man auf dem neuen Skike steht, stellt sich als hartes Glasfaserkunststoffteil heraus, das gleichzeitig den jetzt U-förmigen Rahmen im oberen Teil verbindet. Dadurch wird der Rahmen verwindungsfest, fehlt ihm doch jetzt, gegenüber früher, die eingeschweißte obere Rahmenverbindung. Zusammen mit der neuen Rahmenform, dürften vermutlich Rahmenbrüche weniger wahrscheinlich sein als früher sein. Auf dem Glasfaser-Kunststoffblock rutschen jedoch Schuhe mit harten Sohlen nicht gerade wenig, da hatte die alte Blech-Schuhschale deutlich mehr stabilisierende Wirkung. Der Radstand ist mit 50 cm auf altem Standard geblieben und kann, wie früher, in drei Stufen von 45 cm bis auf diese Länge verstellt werden. In der längsten Einstellung haben Tüftler die Möglichkeit eine Art Gabelbrücke als Schutz gegen Verwindung einzubauen. Ernüchternd ist es trotzdem, dass sich die Proportionen des Rahmens so ganz und gar nicht verändert haben. Gehört man heute schon mit 50/51 cm Radstand schon zu den Cross-Skatern mit den „kürzeren“ Cross-Skates und ab etwa 58 cm Radstand zu den mit den wirklich langen Gerätschaften, die immer mehr gefragt sind und die ich auch mit meinen 176 cm Körpergröße kürzeren Skates immer vorziehen würde.
Neu und auf den ersten Blick verbessert, scheint das Sprunggelenklager zu sein, das nun zumindest Kunststoff in Kunststoff gelagert zu sein scheint, statt vorher Plastik im Aluminium des Rahmens, was regelmäßig in ziemlich kurzer Zeit zu Lasten des Rahmens ausging. Auch neu und nach meiner persönlichen und Erfahrung mit Cross-Skating Einsteigern nicht ungefährlich, ist der neue Fersengurt, der zunächst nahezu alle Arten von Schuhen auf dem Skike fixiert. Schon das ist ein Problem, denn Schuhe mit zu hohen Absätzen und Schuhe mit Fersendämpfung vermitteln kein gutes Gefül auf den Cross-Skates und sollten vermieden werden. Doch wie, darauf kommen, wenn es doch in der Werbung heißt, man könne die Skikes mit jedem Schuh fahren? Dann doch besser Fachleute fragen! In diesem Punkt gibt auch die Anleitung keine besonders hilfreichen Hinweise.
Das Problem dieser Schuhgurte beim etwas dynamischeren Fahren (springen, Körperdrehungen oder „wedeln“) auf den Skikes und besonders in unvorhersehbar brenzligen Situationen ist, dass die Ferse von der Bodenpaltte abheben kann und dann seitlich versetzt wieder aufsetzen kann. Das kann das Gleichgewicht mitunter erheblich stören und bis zum Umknicken führen. Ich muss wirklich fragen: Wer ist nur auf diese Idee mit den „Strapsen“ gekommen? Ziel kann doch nicht sein, wirklich jeden Schuh irgendwie auf den Skike zu schnallen, egal wie ungeeignet er womöglich ist. Mit seitlichen Absatzführungen (Anschlägen) oder soliderer Mittelfußanbindnug, wie beim Powerslide XC Skeleton, SRB XRS02 oder Fleetskate würde auch nichts rutschen, aber wir haben beim Skike Plus Klettgurte, die dazu auch noch etwas in die falsche Richtung ziehen. Klettgurte sind komfortabel, aber in dieser Konstellation reicht der Seitenhalt oft nicht aus – beim alten Skike ging das wegen der Schuhschale!
Und dann der „Kracher“ im wahrsten Sinne des Wortes. Auf der einen Seite des Rahmens ragt eine Flügelmutter etwa 2 cm in den Bereich, wo sich die Skating-Stöcke bewegen. Zwar nur gelegentlich und beim Anfänger unbeabsichtigt, weil es noch an Stockpräzision mangelt, beim Könner, der seine Stöcke bewusst eng führt, aber kommt es mindestens ebenso häufig zum Konflikt: Die Stöcke werden von den Flügelmuttern laut krachend mitgenommen, stolpernder Weise, stürzend oder mit gebrochenem Stock, wären die Alternativen zum rein akustischen, aber womöglich folgenlosen Stockerlebnis, welches diese gedankenlos montierte Schraube verursachen kann. Veranstalter von Kursen können den Skike V07 PLUS eigentlich nicht ohne vorherigen Umbau verwenden, wenn ihnen ihre Kunden oder Stöcke etwas Wert sind.
Fahreindruck
Nicht schlecht, aber auch nicht faszinierend, weil völlig identisch mit dem alten Modell Vo7. Ebenso, wie alle anderen Kurz-Skates bis 50 cm Radstand kann der Skike V07 Plus die Tendenz zum Steckenbleiben auf Waldwegen nicht verbergen. Wie auch, denn die Abmessungen sind 100 % identisch mit allem, was Skike seit 8 Jahren an 6-Zoll-Cross-Skates baut. Die Bremsen sind skike-typisch gut, angenehm zu dosieren und mit guter Wirkung bei Trockenheit, wie vom „V07-alt“ schon bekannt. Bei Nässe bremsen sie nicht auf den aktuellen Stand der Technnik und rutschen zunächst spürbar bis die Bremsen dann zunehmend stärker zupacken. Der Cross-Skate fährt gutmütig und ist von Anfängern, wie Könnern gut zu beherrschen. Stilfehler wirken sich allerdings durch die lose Fersenanbindung – den Fersengurt nenne ich einmal so, weil es sich so anfühlt, wenn man wirklich spielfreie Schuhbindungen gewohnt ist – oft deutlich stärker aus als bei anderen Skates. Relativ leicht ist er zwar, obwohl sich ein SRB XRS02 trotz geringem Mehrgewicht noch etwas leichter anfühlt und auch so verhält. Hier wurde leider nicht das optimal Mögliche erreicht.
Hält der neue Skike Plus, was er verspricht?
- Mehr Stabilität und Sicherheit: Kann weder bestätigt noch geleugnet werden, es gab im Test keinen Rahmenbruch, die Torsion und Elastizität, liegt im Berich des alten V07 mit Rahmenverstärkung. Was die Sicherheit betrifft: An den Schrauben unterhalb des Sprunggelenks kann man sich leichter verhaken als früher. Das war bei alten Skike zwar auch möglich, beim „Plus“ ist es mir jedoch gleich zweimal hintereinander in kurzer Folge passiert, trotz fast 15.000 km Erfahrung im Cross-Skating. Ob eine glasfaserverstärkte „Versteifung“ auch wirklich diesem Zweck erfüllt, konnte ich weder bestätigen noch widerlegen. Bei optimaler Auslegung des Materialmix aus Glasfaserkunststoff mit Aluminium wäre sicher eine Gewichtsersparnis möglich gewesen. Stabiler? Vielleicht. Sicherer? Nein.
- Fersengurt statt Schuhschalen: Wer ernsthaft Crossfahren möchte, Anfänger ist, als Könner mehr von seinem Skate fordert oder auch in unvorhersehbaren Situationen die Kontrolle behalten möche (wer bleibt da noch übrig?), fährt mit der massiven Blechschuhschale des alten V07 oder der nachdrücklichen „Anpressmechanismen“ des Powerslide XC Skeleton oder SRB XRS02 spürbar sicherer. Auch bei plötzlichen Drehbewegungen in der Ferse, neigt diese zum Rutschen auf dem Rahmen. Besonders, weil es damit leicht ist nun wirklich jeden Schuh auf den Skike zu stellen, wird die Auswahl an weniger oder völlig ungeeigneten Schuhen erheblich größer. Praktischer? Ja. Sicherer? Nein.
- Das neue Gelenk mit nun bessern Gleiteigenschaften, ließ sich so leicht bewegen, wie beim alten Modell auch, das war eigentlich nie ein Problem gewesen. Nach 250 km Fahrt war aber ein spielfreies leichtes Klack-Geräuch wahrzunehmen, das nach etwas der gleichen Benutzungszeit auch schon beim alten Skike zu hören war und sich bis km 600/1200 zu einem lauten Klappern mit spürbarem Spiel auswuchs. Es gibt noch keinen Anhaltspunkt, dass dies beim neuen Skike auch so sein wird, nur das Geräusch nahm eben schon so schnell zu wie beim alten Modell. Technisch korrekter gebaut? Vielleicht. Haltbarer? Womöglich.
- Bremse: Bremst wie gewohnt gut bei Trockenheit, ist jetzt aber mit weiterem Verstellbereich ausgerüstet, das ist besser als vorher, aber der speziell geformte und erheblich teurere Bremsbelag entfaltet seine Vorteile nicht spürbar. Verstellbereich? Besser! Bremswirkung? Gleich!
- Gurte: Sie könnten besser vernäht sein, machen sonst aber einen etwas besseren Eindruck als die alten. Die Schuh-Polster gefallen mir, aber die hatte ich an meinen alten Skike V07 auch, sie sind also nicht wirklich neu sondern nur eine wirklich gute Retro-Idee. Leider sind die Gurte ab Werk falsch befestigt, so dass die regelrecht abfallen, wenn man sich vor dem Start keine bessere Befestigungsweise überlegt. Das ist dringend zu raten, denn ein plötzlich loser Schuhgurt kann gefählich werden. Auch die Gurte sind als Ersatzteil deutlich teurer geworden.
- Neue Waden- und Mittelfußpolster, sehen haltbarer aus. Das Mittelfußpolster ist, wie schon gesagt, eine Verbesserung, wurde aber auch schon in der Vergangenheit von vielen V07-Fahrern nachgerüstet. Ein Fortschritt? Ja, aber das war schon beim V05 der Fall.
- Die automatische Zentrierung für Vorder- und Hinterrad ist praktisch, sofern sie funktioniert, aber kann auch von Nachteil sein. Praktisch? Normalerweise, ja. Bei Toleranzen und natürlichem Verschleiß? Gar nicht praktisch! Mein rechter Test-Skike lief etwas nach innen. Das konnte ich mit den vorgesehenen Einstellmöglichkeiten des Skikes nicht beheben. Mehr, siehe nächster Absatz…
- Neu konzipert wurde an den Abmessungen des Chassis eigentlich gar nichts. Radstand und Bodenfreiheit sind auch beim V07 Plus wie vor gut 8 Jahren gleich geblieben. Revolutionär? Nein!
- Gewicht: 2,05 kg und damit schwerer als angekündigt und 5 % schwerer als der alte Skike. Trotzdem noch ein realtiv leichter Cross-Skate. Leichter? Nein, schwerer!
- Aussehen: Gut!? Ja, eigentlich gut, aber auch das ist natürlich Geschmackssache.
- Preis: Sehr gut! Über den reinen Preis kann man sich wirklich nicht beschweren. Es sollte immer Einsteigermodell unter 300 € auf dem Markt geben.
- Handbuch: Nicht so gut. Das sollte doch nach jahrelanger Erfahrung erheblich besser sein.
Fahrverhalten
Sonst der längste Teil eines Tests, hier der kürzeste, weil schon altbekannt. Nicht ganz, aber doch sehr sehr änhnlich dem Skike V07 fühlt sich der Skike Vo7 PLUS an. Sozusagen „Im Osten (China) nichts Neues“. Ich hätte glatt behauptet einen etwas leichteren, wackligeren und weicheren Fleetskate unter den Füßen zu haben, aber der rechte Skike V07 Plus zog leicht nach innen, was aber durch eine außerserienmäßige Tuningmaßnahme eines ortansässigen Spezialisten schnell behoben werden konnte. Mit der serienmäßig eingebauten automatischen Achszentrierung wäre ich dauerhaft angeschmiert gewesen und hätte den Skike zurückgeben müssen.
Die Benutzungsanleitung
Hier muss man sich wirklich laut räuspern, denn dieses Druckwerk ist ein Thema für sich. Als Bestandteil des Produkts muss sich das Heft aber auch einer kritischen Betrachtung unterziehen. Die Inhalte sind in weiten Teilen nicht neu, was Bedienung und Fahrtechnik betrifft, in vielen Punkten einfach nicht zutreffend und was die „Rechtsberatung“ in Sachen Garantie und Gewährleistung betrifft, schlichtweg falsch. Für mich klingt das ein wenig nach einem Einschüchterungsversuch vor möglichen Reklamationen. Jeder Interessierte sollte das Internet nach den Begriffen, gesetzliche Gewährleistung, Produkthaftung und Garantie durchrecherchieren um eines Besseren belehrt zu werden. Im Geiste habe ich dieses Stück Papier bereits verbrannt.
Die Konkurrenz des Skike V07 Plus
Der alte Skike V07 war im Prnzip nicht anders und ich bin froh ihn noch zu besitzen. Bei ihm kenne ich alle Kinderkrankheiten und weiß auch langfristig was bei meinem, inzwischen mehrmals umgebauten, V07 an Problemen zu erwarten ist. Zudem gibt es sinnvolle Tuningteile für den V07, die es so wohl so niemals für den „Plus“ geben wird, weil der Skike V07 alt früher, als fast jeder Cross-Skater einen hatte, noch ein Synonym für eine Sportart war, aber der Skike V07 Plus inzwischen nur noch ein Cross-Skate unter vielen ist. Das betrachte ich bei „technischem Unentschieden“ als beruhigenden Vorteil für das Altmodell, doch nach Punkten sieht es nach der ersten Runde sogar noch minimal besser für das Altmodell aus. Der Fleetskate (Anmerkung der Redaktion: Herstellerbezeichnung FLEET skates) hat ein fast gleiches Fahrverhalten, da er leider auch keine modernen Abmessungen vorweist, ist aber in allen Details durchdachter und hochwertiger und rollt offensichtlich auch sicher erheblich länger. Dafür kostet er das Doppelte und wiegt 400 Gramm mehr.
Der Powerlside XC Skeleton liegt preislich genau zwischen Fleetskate und Skike Plus, fährt sich aber völlig anders. Eigentlich fast wie ein Cross-Skate mit festem Schuh, allerdings in der Schuhauswahl fast ausschießlich auf „Sneakers“ beschränkt. Dazu kommt seine „neue“ Rahmengeometrie: Der lange Radstand von 57 cm ist kaum zu vergleichen mit der 50 cm-Klasse. Der SRB XRS02 gilt inzwischen als der Über-Skike oder der moderne und ergonomische Cross-Skate schlechthin, da er von allen Cross-Skates die meisten Anforderungen, welche die aktuellen Erkenntnisse aus fast 10 Jahren modernem Cross-Skate-Bau erfüllt. Preislich immer noch unter dem Fleetskate, hängt er den Skike Plus aber immer noch um Längen ab. So gesehen, weiß ich nicht, welche besondere Eigenschaft, außer als Preisbrecher, den Skike V07 Plus von der Konkurrenz abheben sollte.
Fazit: Das Modell „V07 alt“ war zwar schon lange fällig überholt zu werden (wurde es auch und zwar von der Konkurrenz), aber der V07 Plus ist doch mehr ein Faceliftiing als ein Neumodell. Er hat keine anderen Fahreigenschaften und der seit 2009 anhaltenden Tendenz zu mehr Radstand und tieferem Stand wurde überhaupt nicht Rechnung getragen. Die Verbesserungen, werden von den neuen und den noch nicht beseitigten Kinderkrankheiten wieder aufgehoben. Hier verschläft Skike eine Entwicklung, jetzt schon in der x-ten Auflage. Vielleicht war der Tenor dieser (Nicht-)Weiterentwicklung schon in der noch immer fast ständig gleich klingenden Werbung des Hersteller schon zu erahnen. Wer Geld sparen muss, stößt zwangsläufig auf den Skike V07 Plus, wenn er in den Cross-Skating Sport einsteigen möchte. Wer aber noch einen alten V07 bekommen kann, macht ein gutes Schnäppchen, denn er kauft zwar den älteren, aber nicht den schlechteren Skike. Die Optik des Plus ist gelungen und der niedrige Preis zweifellos unschlagbar, aber alles in allem ist „der Neue“ leider doch viel eher retro als neu und daher als ebenso brauchbarer Einsteiger Cross-Skate zu bezeichnen, wie der „Alte“ zuvor. Retro ist ja nicht schlecht, für mich sogar so gut, dass ich meinen alten V07 doch noch etwas lieber fahre als dieses neue Sportprodukt.
Nachtrag (2016): Ab Anfang 2016 gibt es eine erstzunehmende Konkurrenz aus europäischer Fertigung zu diesem Modell. Der polnische „Skitire“ wird speziell für den deutschen Markt mit verbesserter Bremse ausgestattet und bietet eine ähnliches Ververhalten ohne Sicheheitsmängel. Der Preis ist günstiger, sein Gewicht außerdem 400 Gramm niedriger pro Skate.
Dieses Skike Modell wurde mir für den Test nicht vom Hersteller zur Verfügung gestellt, sondern wurde käuflich erworben. Umfangreiche Unterstützung bekam ich aber von meinem Cross-Skate-Händler.