Cross-Skating gehört zu den relativ leicht erlernbaren Sportarten. Das bedeutet nicht, dass die uns spezielle Bewegungen dieser Sportart in die Wiege gelegt wurden. Wer experimentierfreudig oder mutig ist tut … [Weiter lesen...] about Cross-Skating bei „Null“ anfangen
Erstbezwingung des Melibokus mit Cross-Skates
Der Melibokus gilt als einer der schönsten Gipfel des Odenwaldes. An Gesamthöhe, mit 517 Metern über Meereshöhe, ist er zwar kein Riese, doch die Aussicht von oben auf die gut 400 Meter tiefer liegende Rheinebene ist sehr beeindruckend. Vom Pfälzer Wald über das Rheinhessische Hügelland bis zum Taunus reicht der Blick. Ein Aufstieg zum Gipfel lohnt sich daher auf alle Fälle. Das kann man zu Fuß, per Mountainbike oder eben mit den Cross-Skates tun. Der Berg ist unter Radfahrern als mittlere Herausforderung bekannt und die von mir absolvierte Route wird auch auf dem interessanten Berg-Radler-Portal Quäldich.de geführt. Trotzdem hatte ich vorher nur eine ungefähre Ahnung was dort hinauf mit Cross-Skates auf mich zu kam.
Der Start in den Berg ist in Bensheim-Auerbach und geht die Ernst-Ludwig-Promenade hinauf. Die Steigung sieht am Anfang harmlos aus und mit rund 5 % ist sie das auch. Die Straße ist von Anfang an schmal, aber bei aufkommendem Kraftfahrzeugverkehr sollte man trotzdem nicht der Versuchung erliegen und auf den Gehweg ausweichen. Der Gehweg ist uneben, ziemlich schräg und besteht teilweise aus Verbundplatten. Das wären schon genug Anlässe für eine frühe Panne, für hohen Kräfteverschleiß allemal. Also besser stur auf der Straße bleiben. Noch bevor die Bebauung von Auerbach endet, legt die Steigung auf 8 bis 9 % zu. Prompt setzt sich ein SUV hinter mich und folgt mir geduldig mit meinem leicht erhöhten Schritttempo von gut 9 km/h. Nein, an der nächsten Grundstückseinfahrt biegt er nicht ab, an der übernächsten auch nicht, an überhaupt keiner im Ort.
Mein gut gemeinter „Zwischenspurt“ war also umsonst und strategisch gar nicht klug. Der Melibokus fordert zähe Geduld, wer sie nicht hat, lernt sie hier oder bleibt auf der Strecke. Doch unwillkürlich beeile ich mich, obwohl ich mit einem langen Aufstieg rechne, denn das Grummeln des Motors hinter mir verursacht automatisch Druck und Stress. Erst langsam registriere ich, dass ich die steilste Stelle der Auffahrt erreicht habe, die mit gut 13 % beeindruckend nach oben führt und so schnell auch nicht wieder abflachen will. Ein wenig muss ich das Tempo jetzt zwangsläufig drosseln. Nach gefühlten 1,5 Kilometern, in Wirklichkeit gerade 600 Metern überholt mich der SUV an einer breiten Straßenstelle sehr vorsichtig. Eine Mutter wollte ihren sportbegeisterten Kindern nur eine kleine Vorführung bieten, Danke, dass ich meinen Teil zur Show beitragen durfte! Immerhin habe ich wohl nicht gestört…hätte ich das nur einige Minuten früher gewusst.
Ganz langsam flacht der Berg ab und pendelt sich für eine gewisse Zeit bei erfreulich konstanten 6 bis 8 % ein. Dann zieht die Steigung aber immer wieder ein wenig an und weckt in mir erste Zweifel, ob ich den Melibokus vielleicht nicht doch ein anderes mal versuchen solle. Bei etwa Kilometer 1,5 lässt der Odenwald noch etwas mehr Gnade walten und flacht etwas ab. Bei km 2,2 kommt ein Abzweig, dem man man links zum „Parkplatz Not-Gottes-Kapelle“ folgt. Diesen überquert man, dankbar, dass hier die wohl flachsten Abschnitten zwischen 3 und 6 % Steigung folgen. Nach dem Parkplatz an der Weggabelung links fahren, hier wird es landschaftlich noch schöner, aber auch der Weg etwas verschmutzter ist. Bergab geht es bis zum Gipfel aber an keinen einzigen Meter, darüber sollte man sich klar sein, schon bevor an anfängt.
Die „flachen“ Abschnitte verteilen sich ab dem Parkplatz über einen guten Kilometer, sportliche Acht- bis Neunprozenter dazwischen lassen einen den Tagesauftrag aber nie vergessen. Spätestens ab Kilometer 3,5 sieht es irgendwie aus als sein man gleich oben, doch weit gefehlt, bis zum Ziel bei Kilometer 4,75 folgen noch fünf herrliche Serpentinen mit einer durchschnittlichen Steigung im zweistelligen Bereich. Als „oben“ gilt für Cross-Skater übrigens, wer auf der Außenseite der letzte Rechtskurve die Schautafel erreicht. Die Türme oben, kann man dann bereits schon sehen. Die letzten hundert, fast flachen, Meter bis zur Aussichtsplattform darf man abschnallen, denn die Asphaltdecke ist dort doch zu zerbröselt und zu verschmutzt um noch vernüftig voranzukommen. Vom Parkplatz aus ist es bis zum Gipfel hinauf nicht allein die Steigung, die den Melibokus zur Herausforderung macht, gebrochene Asphaltdecken, Verunreinigungen, Astbruchstücke und etwas Schotter fordern zu den guten Berg-Qualitäten auch fortgeschrittene Cross-Fähigkeiten vom Cross-Skater.
Der Melibokus-Aufstieg ist, obwohl ein herausragendes Erlebnis, dadurch leider nur ein Vorhaben für den kleineren Teil der Cross-Skater. Ich schätze, dass von allen, die den ebenso steilen, aber viel „faireren“ Frankenstein, mit 8 % Steigung über 2,8 Kilometer, fahren können, rund drei Viertel am Aufstieg zum Melibokus aufgeben müssen. Ich war nur knapp 40 Minuten zum Gipfel unterwegs, die ich aber mit zu den längsten 40 Minuten meiner 38-jährigen ausdauersportlichen Laufbahn zählen würde. Die „nur“ 409 Höhenmeter stellen sich mit durchschnittlich 8,6 %, aber ziemlich wechselnder Steigung, dem Cross-Skater entgegen. Zu schnell anfangen ist dabei ein fataler Fehler undman verschätzt sich sehr leicht. Deswegen würde ich auch nicht uneingeschränkt zur Nachahmung raten, zumindest, so wie ich das getan habe. Doch selbst dran Schuld, denn für mich galten ja freiwillig die klaren Spielregeln einer „Berg-Erstbezwingung“ mit Cross-Skates, keine Pause und die Räder dürfen niemals stehen bleiben. Die Benutzung von Rücklaufsperren wird durch diese Regel leider ausgeschlossen. Auch wenn man sie im Cross-Skate eingebaut hat, dürfte man sie nicht benutzen. Das gilt nur für die Wertung als (persönliche) „Erstbezwingung“, denn wer irgendwie hochkommen möchte, kann das natürlich tun, wie es gerade passt. Die Erstbezwingungsregeln sind aber dann deutlich ambitioniertere Voraussetzungen, als man sie sich womöglich selbst für eine bloße Auffahrt zumuten muss. Mit Pausen, beispielsweise, dürfte der Berg erheblich leichter verdaulich sein.
Alternativ gibt es noch den Statpunkt am Wanderparkplatz gleich oberhalb von Bensheim-Auerbach, allerdings lässt man damit den steilsten Teil des Austiegs weg, was ja auch irgendwie ein wenig feige ist. Das nutzt aber nur schinbar, denn später muss man den Aufsteig zum Auto nachholen aus Bensheim-Auerbach nachholen und sitzt dann schön verschwitzt im Polster.
Als zweite Altenative kann man auch vom Parkplatz, ziemlich genau in der Mitte des Aufstiegs starten, dann kommt man deutlich frischer in die mitunter cross-ähnlichen Abschnitte des Aufstiegs, sollte sie aber trotzdem nicht unterschätzen. Gerade in oberen Drittel des Berges macht sich das Phänomen der „Berg-Progression“ bemerkbar (ein Workshop dazu findet am 3.10. in Groß-Gerau statt). Es bietet sich aber auch eine partnerfreundliche Version des Aufstiegs an, wenn zwei Cross-Skater nicht auf gleichem Leistungslevel unterwegs sind, aber trotzdem oben ankommen möchten. Der „Beklopptere“ von beiden startet unten, während der „vernünftigere Teil“ per Kraftfahrzeug auf den Parkplatz „Not-Gottes-Kapelle“ vorfährt, dort in aller Ruhe seine Ausrüstung anlegt und mit rund 10 Minuten Vorsprung in den oberen Teil des Berges einsteigt. Aber wie schon gesagt, die größten Zweifel, ob man vielleicht doch besser Aufgeben sollte, dürfte man etwa um Kilometer 1, schon kurz nach Auerbach, bekommen. Bei der zweiten Variante hätte man dann ein Fahrzeug auf halbem Weg nach unten bereitstehen, was auf der einen Seite recht komfortabel ist, aber man verpasst auch das Abenteuer der langen Abfahrt über Auerbach am Auerbaucher Schloss vorbei.
Doch egal, wie leicht oder schwer der Aufstieg meiner Variante war, hinunter muss jeder wieder runter und die Abfahrt ist nicht ohne! Vorher sollte man unbedingt schon längere Abfahrten gefahren sein, damit man koordinativ und konditionell nicht schlapp macht – und man sollte einschätzen können, wie schnell Cross-Skate-Bremsen überhitzen. Meine Empfehlung: Vorher einmal den den nahen „Frankenstein“ abfahren. Nach dieser Generalprobe hat man eine grobe Vorstellung von der Abfahrt vom Melibokus herunter.
Die Bremsbeläge meiner Cross-Skates habe ich vor zwei Jahren mit Kühlrippen versehen, was in Tests die Erhitzung um rund 40 % verzögern konnte. Doch an derart langen und steilen Gefällen kommen auch solche aufgemotzten Bremsen an ihre Grenzen, wenn man nicht auf andere Weise nachhilft. Von Anfang hat sich bei Wadenbremsen die Verdunstungskühlung bewährt. Man muss dann sein mitgeführtes Wasser mit seinen Bremsbelägen „teilen“ in dem man ihnen spätestens alle 200 bis 300 Meter einige Tropfen Wasser zur Kühlung gewährt. Nach rund 300 Metern sind meine Bremssysteme regelmäßig überhitzt, ohne Kühlrippen wäre das nach etwa 200 Metern passiert, mit schmalen 6-Zoll-Reifen nach 150 Metern, mit Kunststoffbremsbelägen noch früher. Abfahrten auf denen man bremsen muss, sollte man daher gut planen oder man muss Abkühlpausen einplanen. Wer das Wasser zischend verdampfen hört, bekommt eine Vorstellung davon, welche Energiemengen die kleinen Bremsbeläge, aber auch die Reifen abführen müssen. In diesem Punkt ist der Melibokus aber freundlicher zu uns Cross-Skatern als seine Papierform vermuten lässt. Nach der dritten Serpentine, kaum 800 Meter nach dem Start in die Abfahrt, gibt es die Gelegenheit seine Trinkflasche mit Kühlwasser wieder ganz aufzufüllen. Nach weiteren gut 1000 Metern flacht das Gefälle etwas ab, so dass man weniger bremsen muss und die Bremsen wieder besser abkühlen können. Bis zum Parkplatz kommt man so auf alle Fälle gut durch.
Der Parkplatz ist gleichzeitig eine wichtige Schlüsselstelle, denn wer es vorher nicht wusste, erfährt hier, dass die ersten zwei Kilometer bergauf eine Einbahnstraße waren und der Abstieg nur links über eine weitere leichte Steigung weiterführt, satt nach rechts auf dem kürzeseten Weg wieder hinab nach Auerbach. Möglicherweise kann man es riskieren und bei wenig Verkehrsaufkommen als Cross-Skater gegen die Einbahnstraße fahren, in dem man auf seinen „Fußgänger-Status“ pocht. Rechtlich mag das einwandfrei sein, solange es aber sonst niemand weiß, muss man sich auf eventuelles Angehuptwerden einstellen. So hebt man sich, auf der Abfahrt linker Hand, das Angehuptwerden für später auf, wenn man dann auf der Landstraße L3103 die letzten Meter bis zur Ortseinfahrt Auerbach zurücklegen muss.
Wenn man dann der offiziellen Abfahrt folgt, fährt man zunächst wieder wenige Meter bergauf. Nach rund 500 Metern steht man vor der Entscheidung, weiter der Abfahrt folgend, nach links abzubiegen, oder nach rechts einen schönen Abstecher zum Auerbacher Schloss zu machen. Der kleine Ausflug zum Schloss lohnt sich aber. Trotzdem muss man danach immer noch lange bergab fahren, das darf man nicht vergessen. Wieder in der Abfahrt wird man an den Ernst der Lage erinnert und muss auf bis zu zehnprozentigem Gefälle sehr ausdauernd bremsen. Doch auch diese Abfahrt flacht bald ab und man kann wieder mehr ungebremst rollen lassen. Das Naturerlebnis auf der gesamten Abfahrt ist aber sehr schön, doch man darf nie vergessen, Cross-Skating ist auch Kopf-Sport, die Fahrtechnik erfordert zu jedem Zeitpunkt hohe Aufmerksamkeit.
Eine etwas unangenehme Überraschung erlebt man, wenn man fast wieder unten ist und vorher die Karte nicht gut studiert hat. Der Weg endet abrupt und ohne Altenative an einer Landstraße, der man rund 700 Meter bis zum Ortsanfang von Auerbach folgen muss. Da muss man durch und auch in Auerbach muss man noch einige hunderte Meter der Straße folgen, bis der Gehweg eine ausreichende Qualität für die Cross-Skates aufweist. Auch hier unbedingt aufpassen, unebene Wegplatten fordern die Feinmotorik auch wenn die Muskeln schon ausgelaugt sein mögen. So ist man auf der Abfahrt wohl kaum 10 bis 15 Minuten schneller als auf der Auffahrt, downhill rasen dürfte kaum möglich sein, zumindest sollte man das alles für die Kalkulation von Zeit und Proviant berücksichtigen.
Im folgenden Pedometer-Link ist nur der Aufstieg eingezeichnet. Die Abfahrt ist aber kaum zu verpassen und kann nach dem Parkplatz nach Beschilderung gefahren werden: http://www.gmap-pedometer.com/?r=7305925
Nachtrag zum Thema Bergfahren: Wer seine Auffahrt-Zeit mit meiner vergleichen möchte, ich bin in Auerbauch exakt am unteren Straßenanfang der Ernst-Ludwig Promenade gestartet und habe auf die Stoppuhr gedrückt, als ich an die Schautafel kurz vor dem Melibokus Parkplatz erreicht hatte. Die Schautafel liegt praktisch in Mitte der letzten Kurve und ist nicht zu übersehen. Meine Zeit: 39 Minuten und 59 Sekunden, mit 52 Jahren. Ich habe diese Tour aber spontan unternommen und war nicht gut vorbereitet. Sicher können leistungsfähigere Sportler auch Zeiten deutlich unter 35 Minuten erreichen. Wer einen Vergleich seiner eigenen Zeit über die Relativzeiten-Tablelle vornehmen möchte, soll das bitte tun. Auf einen 27-bis 33-jährigen Mann umgerechnet wäre meine Zeit dann aber „relativ“ 36:18 Minuten oder für eine 26- bis 36-jährige Frau 42:13 Minuten. Sehr gute Bergläufer können diesen Berg unter 20 Minuten bezwingen, normal gute aber auch noch in etwa 30 Minuten – so viel zum Thema Bergtauglichkeit von Cross-Skates.