Cross-Skating gehört zu den relativ leicht erlernbaren Sportarten. Das bedeutet nicht, dass die uns spezielle Bewegungen dieser Sportart in die Wiege gelegt wurden. Wer experimentierfreudig oder mutig ist tut … [Weiter lesen...] about Cross-Skating bei „Null“ anfangen
Cross-Skater Paradies Bretagne III
Immer wenn ich in der Bretagne die ersten Meter mit meinen Cross-Skates zurücklege, muss ich an das Foto denken auf dem ein französischer Sammler seine etwa 125 Jahre alten Cross-Skates präsentiert. Ja, in diesem Land könnten die Cross-Skates und die Sportart durchaus erfunden worden sein. So rau, wie hier in der Bretagne viele Straßen sind, so robust mussten damals auch die Skates sein, die noch vor Erfindung der Skiroller auf Frankreichs Straßen bewegt wurden. Dieser „Film“ spielt sich immer wieder in meinem Kopf zu Beginn jedes Cross-Skating Urlaubs in der Bretagne ab. Doch die Geschichte holt hier die Gegenwart ein, denn früher war es notwendig Skates zu haben die auf rauen Straßen fahren konnten, heute brauchen wir raue Straßen, um den Cross-Skating Sport optimal genießen zu können. Dazu kommt die fantastische Landschaft, die saubere Luft und die auffällig entspannten Menschen. Die Bretonen behaupten ja von sich anders zu sein als andere Franzosen. Wir fanden sie wieder einmal hochgradig sympathisch.
Nach bereits zwei Cross-Skating Urlauben in der Bretagne zog es uns erneut dort hin. Diesmal wurde es ein „Doppel-Urlaub“, zwei Wochen im Süden und zwei Wochen im Norden, also praktisch Urlaub Nummer 3 und 4 im Zweier-Pack. Und es hätten durchaus noch weitere zwei bis vier Wochen sein dürfen, denn die bretonische Halbinsel kann man auch in vielen Jahren nicht annähernd auskundschaften.In ihrer Größe liegt sie ziemlich genau zwischen den Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg. Das milde Klima, nie so heiß und trocken wie in Zentralfrankreich, eher konstant und mit sagenhaft klarer Luft ist die Region ideal für Erholungssuchende, aber auch für Sportler, die dort ein Trainingslager machen wollen oder – wie wir diesmal – „planlos“ aktiv waren, was aber dann trotzdem auf zwei bis sieben Stunden sportlicher Betätigung jeden Tag hinaus lief.
Der erste Teil des Urlaubs lag eher im Süden, wo das Wetter etwas feuchter (Luftfeuchte oft um 80 %) und rund 3 bis 4°C wärmer war als später im Norden. Die gesamte Halbinsel scheint keinen Wassermangel zu kennen. Während der Rest des Landes im Sommer schon einmal austrocknet, bleibt hier alles frisch und grün.
Unsere erster Urlaubsort, namens Rozenlaer war eine Ansiedlung aus zehn Häusern, rund 4 km vom nächsten größeren Ort Le Faouet entfernt. Als größere Orte darf man dort Ansiedlungen wie Le Faouet, mit 2800 Einwohnern, durchaus bezeichnen, wo man – im Gegensatz zu unserem Land – alles zum Leben bekommen kann, was man braucht. Sogar gute ärztliche Versorgung. So war es kein Problem dort alle drei Tage im Supermarkt einzukaufen oder jeden Morgen eine kleine 8-km-Tandem-Tour zu einer der drei Boulangeries (= Bäckereien) zu unternehmen. Unser gemietetes Haus war ganz vom Wald umgeben. Man war dadurch zwar völlig in der Natur, aber nicht am Ende der Welt. Unsere Gastgeberin, die im anderen Gebäudeflügel lebte, hatte täglich Besuch und auch wir hatten in der ersten Woche Besuch von zwei niveauvollen und unternehmungslustigen Freundinnen, so dass es auch fernab der „Zivilisation“ immer sehr lebendig zuging.
Typisch für die Region ist das fast völlige Fehlen von an Wald- und Feldwegen, man erledigt dort fast alle seine Wege auf den offiziellen Straßen. Wie soll man dann dort Cross-fahren?, werden sich manche nun fragen. Ganz einfach, auf der Straße! Erstens sind durch die Benutzung der Straßen durch alle, die Autofahrer gewohnt auf alles zu achten und zweitens ist das ruhige und rücksichtsvolle Gemüt der Bretonen eine ideale Basis,um fast jegliche Gefahrensituationen zu vermeiden*. Dazu kommt, dass man als Cross-Skater auf dem legendär rauen bretonischen Asphalt überhaupt kein Bedürfnis nach noch mehr Cross-Untergrund verspürt. Der hohe Rollwiderstand und das Vibrationstraining ergibt einen besonders starken Trainingsreiz, wodurch ja auch dort in einem früheren Trainingslager-Aufenthalt die „Bretonische Methode“ entwickelt wurde. Schwer rollt es zwar, aber nicht unangenehm, wenn man bereits eine gewisse Trainingsbasis hat und mindestens durchschnittliche technische Fertigkeiten auf seinen Cross-Skates mitbringt. Das muss man ausdrücklich betonen: Für Anfänger sind die rauen Straßen und die sportlichen Streckenprofile leider nicht geeignet. Durch den hohen Rollwiderstand ermüdet man schneller und man darf auf den zahlreichen Abfahrten dann natürlich keinen Fehler machen, bei dieser Straßenqualität, wäre ein Sturz sehr folgenreich.
Doch man gewöhnt sich immer mehr daran, nach den ersten hundert Kilometern auf diesem Belag lernt man sogar den großen Vorteil dieser „Bodenbremse“ schätzen. Die Anstrengung bergauf, ist dann schon vergessen, aber bergab bremst es so stark, dass man auch etwa vier-prozentiges Gefälle oft noch ganz ohne Bremsen im gemäßigten Tempo hinter sich bringen kann. Das beugt überhitzten Reifen vor, was ja in profilierten Gelände zur Gefahr werden kann. Die Hausrunde um Rozenlaer dauerte mit 15 km nur rund eine Stunde und hatte etwas über 200 Höhenmeter. Ein großer Drang mehr als das doppelte im Training zu skaten, kam in dieser Gegend auch bei mir nicht auf. Dazu kamen noch Tandem-Touren von eine bis zwei Stunden dauert und Wanderungen von ein bei vier Stunden. Dazu noch, für’s Hirn, zusätzliches Jongliertraining und lesen, lesen, lesen mindesten 100 Seiten jeden Tag.
Auch eine kleine Laufrunde von 10 km Länge tat ich mir dort an und stellte fest, dass ich eine 10-prozentige Steigung nur gefühlt auf Cross-Skates langsamer erklomm als ich sie laufen konnte. An der steilsten Stelle war das Tempo zum Laufen identisch, auch wenn es sich auf den Cross-Skates viel mehr „Stehen“ angefühlt hatte. Zudem war es in Rozenlaer zwischen 25 und 32 °C warm, kühler zwar als gleichzeitig in Mitteleuropa, aber es waren Tage dabei an denen mehr als 90 % Luftfeuchtigkeit herrschten, was besonders bergauf bei Rückenwind sehr beeindruckend war. Trotz der sportlichen Anstrengung war der Erholungswert fantastisch, denn diese freiwillige Isolation, ermöglichte körperliche und geistige Erholung, bei gleichzeitig erfüllendem Sport,- Sprach und Kultur-Programm. Den Rest der Welt, begann man dort mit jedem Tag immer mehr zu vergessen.
Die zweite Hälfte des Urlaubs verbrachten wir in Kervren bei Ploumilliau an der Nord-Bretonische Garnit-Küste (Côtes-d’Armor). Auch hier gab es eine Ansiedlung von einer handvoll Häusern in der französischen Pampa und die Stadt Ploumilliau zeichnete sich ebenfalls durch eine überschaubare Einwohnerschaft von 2500 aus. Die Granit-Küste ist ein Traum für Wanderer, aber auch gerade Cross-Skater finden hier eine erstaunlich dichtes Wegenetz an geeigneten Straßen. Auch hier darf man sich nicht von einem oberflächlichen Blick über die scheinbar fast flache Landschaft nicht täuschen lassen, denn tiefe, verborgene Einschnitte bieten Radfahrern und Cross-Skatern auch hier steile Überraschungen auf ihren Touren und zur nahen Küste heißt es fast immer, „die letzten Kilometer sind die steilsten“.
Interessant fand ich, dass ich mit drei ungefährlichen, aber lästigen Verletzungen und Beschwerden in die Bretagne gefahren war und völlig beschwerdefrei zurückkam. Bewegung scheint eben doch oft die beste Medizin zu sein. Das Interessante an jenem“speziellen“ Training dort war nicht nur der erhöhte Fahrtwiderstand und die ständigen Erschütterungen. Gerade die sehr häufigen, ziemlich kurzen Steigungen motivierten dazu, diese sehr intensiv, ja später sogar regelrecht aggressiv anzugehen, so dass erstaunlich hohe Spitzenbelastungen auftraten und auch immer besser verkraftet wurden. Der „Burner“ war an einem der letzten Urlaubstage ein gut einen Kilometer langer, durchschnittlich vier-prozentiger Anstieg, den ich, zu meiner eigenen Verblüffung, mit einem Tempo zwischen 17 und 21 km/h absolvieren konnte.
Tipps für Sport-Urlaub in der Bretagne
Egal, ob man zu Fuß, mit den Cross-Skates mit Rad oder mit dem Auto unterwegs ist, in der Bretagne ist auch eine völlig „planlose“ Fortbewegung möglich. Man findet wirklich überall schöne Örtchen mit schönen Bauwerken, gute Gelegenheiten zum Essen, hilfsbereite Bretonen und eine sagenhafte Natur und das bei meist recht angenehmen Wetter. Nach unterer Erfahrung sind die meisten Reiseführer zwar gut, aber nie vollständig und oft etwas „spezialisiert“. Manchen Autoren merkt man an, dass sie sich „durchgefressen“ oder „durchgeschlafen“ haben, denn so viele Tipps zur Kalorienzufuhr tun niemandem gut und manche Tipps zur Übernachtung scheinen nicht immer sehr neutral zu sein. Um einen ersten Überblick zu bekommen, empfehle ich auf alle Fälle einen Reiseführer, aber man sollte sich immer flexibel genug fühlen auch eigene Ideen zu verfolgen. Generell findet man fast überall was man sucht, ob Essen, Unterkunft, Kultur, Naturerlebnis, dafür muss man in der Bretagne keine weiten Wege zurücklegen und kann auch noch oft spontan viel entdecken, was kein Reiseführer erwähnt. Neben einem Harfen-Spieler mitten im Wald haben sind auch einen erstklassigen Gitarristen getroffen. Solche Begegnungen kündigt einem natürlich kein Reiseführer an.
Aber auch, wer kein Cross-Skater ist, ein Fahrrad dorthin mitzunehmen ist ein Muss, ebenso gute Wanderschuhe. Nur so kann man die kleinen schönen Winkel in angemessener Nähe erleben. Als Spezialitäten kann ich dort die Versuchungen der Konditoreien empfehlen und als Getränk hat es uns der lokale Cidre sehr angetan, den es dort in seiner harmlosesten Form mit nur 2 % Alkohol gibt (Motto: Promille runter – dafür die Steigungsprozente rauf!). Wer etwas französisch spricht, hat in Frankreich generell einen kleinen Sympathie-Bonus, doch viele Bretonen sind auch recht gewillt und in der Lage sich auf Englisch zu verständigen. Und im direkten Gespräch findet sich immer ein Weg der Verständigung.
* Nach einer gewissen Anfangsüberwindung, stellt man fest, dass man, bei normaler Straßenbenutzung mit den Cross-Skates, von den Autofahrern praktisch nie angehupt oder gefährdet wird und fühlt sich schnell wohl auf den Straßen. Freilich sollte man vielleicht besser die ausdrücklichen Tempo-80-Landstraßen vermeiden.