Cross-Skating gehört zu den relativ leicht erlernbaren Sportarten. Das bedeutet nicht, dass die uns spezielle Bewegungen dieser Sportart in die Wiege gelegt wurden. Wer experimentierfreudig oder mutig ist tut … [Weiter lesen...] about Cross-Skating bei „Null“ anfangen
Bewegungsanalysen beim Cross-Skating – Teil 2
Fortsetzung von Bewegungsanalysen im Cross-Skating Teil 1
Trainer mit Erfahrung, fundiertem Wissen und dem Selbstbewusstsein zu eigenen Formulierungen haben schon immer einen Weg zum Sportler gefunden, das gilt auch für Bewegungsanalysen. Eine Analyse, also Untersuchung, liegt schon vor, wenn sich nur jemand systematisch mit dem Ablauf einer Bewegung beschäftigt. Systematik erfordert aber Grundlagen und diese werden unter Wissenschaftlern immer exakt definiert oder formuliert, damit man die gleiche Sprache spricht und keine Missverständnisse aufkommen. Ein technisch erfasstes Bild braucht man nur zum Messen, zum Demonstrieren und letztendlich um Eindruck zu schinden. Wer weiß schon, welche Messwerte bei einer bestimmten Haltung oder Bewegung „normal“ sind? Ganz besonders beim Cross-Skating, das ja nur für den Laien in etwa mit dem Ski-Skating vergleichbar ist. Bewegungsanalytisch betrachtet sind es aber zwei grundverschiedene Sportarten, die trotz unterschiedlicher Voraussetzungen zwar Parallelen haben, aber deswegen auch eben auch Gegensätze aufweisen.
Die Fitnessbewegung und mancher nachgeschobene Fitnesstrend haben ja jeweils einen Boom oder fast schon Wahn oder Aktionismus der Analyse nach sich gezogen. Da die Kunden durch möglichst viele Multiplikatoren (hier: Trainer) erreicht werden sollten, vervielfältigte sich auch die Trainerzahl zeitweise exponentiell. Diesen wiederum konnte man den „Wahn“ zum Analysieren hervorragend einimpfen, sei es um ihnen Leistungsdiagnostik-Geräte zu verkaufen oder Bewegungsanalysensoftware, die oft kaum mehr war als ein Videoabspielprogramm mit einigen Features. Ein neuer Fitness-Markt war geboren und damit das Motto, „Verkauft den Trainern, was sie und ihre Kunden nicht brauchen, sie werden es trotzdem begeistert kaufen!“
Besonders unerfahrene und nicht-akademische Trainer waren gefundene Opfer dieser Verkaufsstrategie. Besonders die begehrten Zertifikate, die dies bescheinigen, machten aus manchem Dilettanten über Nacht einen „akademischen“ Fachmann. Übrigens ist das Werben mit gefälschten akademischen Graden und was einen ähnlichen Anschein erwecken soll, in Österreich und Deutschland, strafbar.
Mir wollte doch tatsächlich einmal im Urlaub ein Trainer beim Morgenlauf am Strand erzählen, was ich alles falsch mache und ob er eine professionelle Laufanalyse mit mir machen solle. Ich musste lachen, als er danach aus seiner Sporttasche tatsächlich eine Urkunde einer völlig unbekannten „Institution“ hervorzog, die seine Qualifikation belegen sollte. So etwas führte er tatsächlich mit sich! Das war einfach zu lächerlich. Analyse, ja, sofern notwendig, aber nein, wenn sie überflüssig ist oder einfach nur unfachmännisch durchgeführt wird. Und dieser Mensch hatte überhaupt keine Ahnung.
An der Hochschule haben wir von vielen dieser „Trends“ erst erfahren, wenn diese schon auf dem Markt waren und bestimmte populäre Meinungen bereits gebildet waren. Dann mussten wir uns oft anhören, es gäbe gegenüber unserem Wissen noch wesentlich neuere „wissenschaftliche Erkenntnisse“, allerdings immer ohne zuverlässige Quellenangabe. Sogar „Fachleute“ wurden uns zur Meinungsbildung an die Hochschulen gesendet – alle haben sich bis auf die Knochen bei uns blamiert. Wir sind über den aktuellen Stand der Forschung natürlich immer genauestens informiert und können über die Leichtgläubigkeit vieler Leute und die Macht dieser „Meinungsbildner“ nur staunen.
Auch müssen dem Analysten viele funktionale Zusammenhänge bekannt sein. Ich erinnere an den ersten Satz dieses Artikels. Jede kinetische oder statische Reaktion (= Bewegung oder Haltearbeit) im Körper verursacht Gegenreaktionen, die auf das Sportgerät oder den Halteapparat übertragen werden oder sich in Ausgleichs- oder Ausweichbewegungen äußern. Außerdem muss der Analysierende die menschliche funktionale Anatomie und die Indikatoren für Bewegungsstörungen kennen. Bei fast jedem sind diese Indikatoren erkennbar (und sei es nur eine bestimmte typische Muskelverspannung oder Ausweichbewegung) und in Einzelfällen, trotz fast gleichem ersten optischen Eindruck, Anlass für eine ganz andere Interpretation oder Vorgehensweise.
Äußere Bedingungen
Ein wichtiger Grundsatz bei Bewegungsanalysen in Ausdauersportarten ist, die Simulation realistischer Analyse-Bedingungen. Oft wurden sie an Universitäten unter „Laborbedingungen“ durchgeführt, was ganz eindeutig die schönsten Bilder zum Repräsentieren der Ergebnisse ergab oder eben das, was man für Ergebnisse hielt. Die richtige Bewegungsausführung muss aber dort analysiert werden, wo sie relevant ist und das ist oft unter erschwerten Bedingungen der Fall, wie unter Ermüdung bis mitunter völliger Erschöpfung. Unter diesen Voraussetzungen muss dann auch analysiert werden, am Ende einer Tour, während eines Wettkampfes oder nach bewusst ermüdend durchgeführter Belastung. Schon allein der Unterschied zwischen Cross-Skating auf der Straße und off-road bringt eine hohe Anzahl von Störfaktoren in eine Bewegungsanalyse, die ein reiner „Laboranalyst“ gar nicht kennt.
Speziell im Cross-Skating spielt aber auch die Sportausrüstung eine größere Rolle. Ist der Sportler auf besseren oder womöglich ungeeigneten Skates unterwegs, sind sie gut eingestellt, trägt er vielleicht störende Kleidung oder sind die Sportgeräte in einem schlechtem Wartungszustand?
Das Talent des Analysten
Knapp 15 % der Bevölkerung haben ein so genanntes „Überlegenes Sehvermögen“, was weniger die Sehschäfte als die bewusste Gesamtumsetzung der Sinneseindrücke sowie die intuitive Interpretation des Gesehenen betrifft. Auch alt gewordene Trainer jenseits der 65 behalten diese Fähigkeiten überwiegend bei, sogar oft noch wenn sie schon eine gewisse Sehschwäche aufweisen. Es ist die bewusste (oft gelernte) und unbewusste (intuitive) Wahrnehmung und deren Interpretation der Bewegungen, die den Unterschied ausmacht. Intuition darf hier nicht mit jenem geheimnisumwobenen Mythos der Hobbypsychologie umgeben werden, sondern ist schlicht und einfach „unbewusste Logik“ – mehr nicht. In der „Optischen Intelligenz“ macht sie sich dann bemerkbar, aber wirkt nur unterbewusst wirklich schnell. Über das Gesehene nachdenken, kann man nur, nachdem diese Wahrnehmung bereits stattgefunden hat. Nur eine Minderheit der Bewegungsanalysen ist prädestiniert für komplizierte Bewegungssportarten, das gilt erst Recht für Trainer. Das haben beispielsweise die Vertreiber von Trainerausrüstung nicht bedacht oder bewusst ignoriert, denn nicht jeder hat die notwendige Veranlagung zum Bewegungsanalysen. Nur allein ein Analysengerät, eine Software oder eine Übungsreihe zur Fehlerbehebung nützt gar nichts, wenn der Anwender, also Analyst, für die Anwendung zu untalentiert ist. Cross-Skating ist in seiner fortgeschrittenen Form eine der anspruchsvolleren technischen Sportarten, sicher nicht die anspruchsvollste, aber sie rangiert eindeutig im oberen Viertel aller Sportarten.
In der Praxis der Ausbildung von C- und B-Trainern in Deutschland hat sich gezeigt, dass sogar knapp 30 % der Trainer gar keine Bewegungsanalysen durchführen sollten, weil sie von der Veranlagung her dafür nicht geeignet sind. Sie sollten dann die Klienten an spezialisierte Kollegen weiterempfehlen. Stichproben an Studenten unserer Uni, haben ähnliche Resultate ergeben. Die Zahl von knapp 30 % übertrifft sogar den Anteil der dreidimensionalen Sehhandikaps in der Bevölkerung, weil sogar „Normalsichtige“ sich durch zu schnelle Interpretation die Aussage ihrer Analyse immer wieder notorisch selbst sabotieren. Hochtechnische Ausrüstung scheint diese Tendenz sogar manchmal noch zu verstärken, weil die Technik ja klar und deutlich zeigt…ja, was denn nun genau? Die Frage „Was sehe ich?“ wird dann zu früh interpretiert und damit die Wahrnehmung vorurteilsbeladen. Und das sogar bei unseren Sportstudenten.
Fähigkeiten der Analysten
Rund 70 % der Erwachsenen Bevölkerung sind geeignet, davon rund 15 % sogar sehr gut geeignet, der Rest (30 %) leider ungeeignet. Das ideale Alter der Analysten liegt zwischen 25 und 65 Jahren. Bei Männern war der Anteil der Sehtalentieren nach unseren Untersuchungen etwas höher (16 % bei Männern, 13 % bei Frauen). Leider glich die sprachlich unpräzisere Formuleirung der Ergebnisse durch die Männer, diesen Vorteil wieder vollständig aus. Durch lange systematische Arbeit kann etwa die Hälfe bis ein Drittel der erwähnten 70 % sehr gut werden, aber natürlich nicht alle. Die 15 % der Wahrnehmungstalente sind aber auch noch nicht automatisch sehr gut, nämlich dann nicht, wenn sie ihre Fähigkeiten nicht richtig einsetzen, z.B. auch zur vorurteilsbeladenen Betrachtungsweise neigen (manchmal verstärkt sich das sogar negativ mit der Erfahrung, man will dann Ergebnisse schneller sehen).
Zunehmend wird die Wichtigkeit der taktilen Wahrnehmungen des Sportlers im Cross-Skating erkannt. Da diese noch nicht messbar sind, müssen Analysen in diesem Bereich über eine sensible Befragung des Klienten vorgenommen werden. Die Qualität solcher eigentlich doppelt subjektiv gefilterten Analysen, nämlich gefiltert über die Wahrnehmung und die Ausdrucksfähigkeit des Klienten wie auch des Analysten, erfordert dann zusätzlich eine sehr breites Erfahrungs-Repertoire des Analysten.
In einem späteren Artikel werde ich mich der Leistungsdiagnostik widmen.